Über 37.000 Unterschriften gegen geplante Demo von Rechtsextremen
Das hat es in Aachen seit Jahren nicht gegeben: Für den 18. Januar ist eine Demonstration rechtsextremer Kräfte angekündigt. Über 35.000 Menschen fordern in einer Petition, die Demonstration zu stoppen.
Von Alexander Plitsch
Dieser Beitrag wurde am 9. Januar um 13 Uhr aktualisiert.
Als es bei einer Veranstaltung der AfD im September im Pontviertel zum großen Gerangel zwischen Polizei, Antifa und Veranstaltungsbesuchern kam, stand ein Name im Vordergrund: Ferhat Sentürk. Der Organisator des Treffens war erst 2024 der AfD beigetreten und sorgt seitdem parteiintern und darüber hinaus für reichlich Ärger.
Der Streit in der AfD eskalierte Anfang Dezember auf einem Treffen des Kreisvorstands der Partei. Ferhat Sentürk, gegen den zu diesem Zeitpunkt ein Parteiausschlussverfahren lief, wurde mithilfe von Securitykräften von der Veranstaltung ausgeschlossen.
Kurz darauf teilte Sentürk mit, die AfD zu verlassen und eine neue Partei zu gründen. Die „Bürgerliche Allianz Deutschlands” (BAD) wurde nach Sentürks Angaben im Dezember als Verein gegründet und soll später in eine Partei umgewandelt werden.
Nachdem er Mitte Dezember eine Demonstration in Berlin mitorganisiert hatte, bei der auch Neonazis mitliefen, plante Sentürk eine zweite Demonstration für den 18. Januar in Aachen. Das Motto: „Für Recht und Ordnung” und „Gegen Linksextremismus und politisch motivierte Gewalt”. Angemeldet wurde ein Demonstrationszug vom Bahnhof Rothe Erde bis zum Autonomen Zentrum am Hauptbahnhof. Die geplanten 300 Teilnehmer wurden inzwischen auf 800 erhöht.
In einem skurrilen Zwischenspiel in den sozialen Medien sagte Sentürk die Demonstration ab und begründete dies unter anderem mit Gewaltandrohungen gegen ihn und sein Umfeld. Insgeheim aber plante er weiter für den 18. Januar, was sich unter anderem in Telegram Chats nachvollziehen lässt. Am Montag bestätigte er in einem Statement bei Instagram, dass die Demo stattfinden soll.
Verfolgt man das Verhalten von Ferhat Sentürk in den vergangenen Monaten, wird offensichtlich, dass es ihm in erster Linie um Selbstdarstellung geht. Doch dabei schreckt er nicht vor einer Zusammenarbeit mit Neonazis zurück und verbreitet selbst rechtsradikales Gedankengut, wie unter anderem aus Chat-Nachrichten hervorgeht, die die Antifa-Jugend Aachen veröffentlicht hat.
Über 37.000 Menschen fordern, die Demo zu stoppen
Dementsprechend löst die Ankündigung der Demonstration am 18. Januar große Sorgen und Proteste bei vielen Menschen und Initiativen in Aachen aus. In einer Petition fordern bereits über 37.000 Menschen Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen und die Fraktionen des Stadtrats auf, sich öffentlich klar und deutlich gegen den geplanten Aufmarsch zu positionieren. Die Polizei Aachen wird zudem aufgefordert, die Demo zu stoppen oder zumindest den finalen Kundgebungsort am Autonomen Zentrum nicht zu genehmigen.
Im AZ findet am 18. Januar „WTF – die Tuntenshow” statt, eine Veranstaltung des Queerreferats Aachen. In einer Stellungnahme auf Instagram kritisiert das AZ die geplante Demo deshalb auch als „Angriff auf die LGBTIQ+-Community”, dem man sich entschlossen und gemeinschaftlich entgegenstellen wolle.
„Es kann nicht sein, dass unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit rechtsextreme Hetze legalisiert wird und die Genehmigung dieses Aufmarsches ist ein Schlag ins Gesicht aller, die für ein buntes, weltoffenes Aachen stehen!“, heißt es in der Petition.
Am Mittwoch, 8. Januar, teilte Ferhat Sentürk mit, dass die Route und der Kundgebungsort in Abstimmung mit der Polizei geändert wurden. Die Demonstration wird nun vom Bahnhof Rothe Erde über den Adalbersteinweg und die Wilhelmstraße führen und mit einer Kundgebung auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs ändern – demnach also nicht direkt vor dem AZ, sondern rund 100 Meter entfernt.
Mehrere Aachener Initiativen haben bereits Gegenproteste angemeldet oder arbeiten derzeit an entsprechenden Plänen. Der Rainbow e.V. und die Initiative „Wir sind AC” rufen zu einer Menschenkette auf, um ein Zeichen für queere Menschen in Aachen zu setzen. Mit der Menschenkette soll der Weg von Gästen und Künster*innen der Veranstaltung im AZ abgesichert werden.
In einem Statement in den sozialen Medien äußerte sich Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen. Sie sei stolz, dass in so kurzer Zeit so viele Unterschriften für die Petition zusammengekommen seien. Sie verwies auf die Zuständigkeit der Polizei und darauf, dass Absagen von Demonstrationen nur unter „sehr eng definierten rechtlichen Vorgaben erteilt werden” können. Sie stehe im Kontakt „mit Politik und engagierten Bürger*innen, um ein klares Zeichen gegen die rechtsextremistische Demo zu setzen“.
Bild: Proteste gegen die AfD im Januar 2024 in Aachen (Foto: Alexander Plitsch)