✅ Haus der Neugier: Was bisher geschah . . .
Der Umbau des ehemaligen Horten-Hauses („Lust for life“) und die Pläne für ein „Haus der Neugier“ dürften auch in diesem Jahr im Mittelpunkt kommunalpolitischer und städtebaulicher Diskussionen in Aachen stehen. Bevor es dabei richtig zur Sache geht, schauen wir noch mal zurück und lassen den jahrelangen Prozess bis heute Revue passieren.
Von Alexander Plitsch
„Die Verwaltung wird beauftragt, den Gesamtfinanzbedarf für die Umsetzung des ,Hauses der Neugier’ im Haus Horten zusammenzustellen.” So einfach und so schnörkellos steht es in einem Antrag der grün-roten Ratsmehrheit vom 20. Dezember des vergangenen Jahres.
Weder einfach noch schnörkellos war hingegen der lange Weg bis zu dieser politischen Entscheidung, VHS und Stadtbibliothek ein gemeinsames neues Zuhause im ehemaligen Kaufhaus zu geben.
Ein Blick zurück: Ihren Anfang nimmt die Geschichte in den 1960er-Jahren. SB-Warenhäuser sind längst fester Teil des deutschen Wirtschaftswunders. Nach Kaufhof, Hertie und Karstadt ist Horten die viertgrößte Kaufhauskette im Land. Wiedererkennungsmerkmal: die Horten-Kacheln an der Fassade – so auch am Haus in der Aachener Komphausbadstraße.
1994 übernimmt Kaufhof die Horten-Häuser, 1998 wird das Aachener Haus umgebaut und trägt fortan den Namen „Lust for life“. Konzentriert auf die Zielgruppe der 25- bis 45-Jährigen, soll das neue Kaufhauskonzept den Umsatzrückgang stoppen.
In zwei Städten wird das neue Konzept getestet: In Hamburg wird das Experiment schon nach zwei Jahren beendet, in Aachen werden es immerhin 19 Jahre. 2017 ist dann auch in der Komphausbadstraße Schluss – bereits Jahre zuvor hat das Gebäude den Eigentümer gewechselt. Die Aachener Landmarken AG will dem bisherigen Kaufhaus neues Leben einhauchen.
Doch daraus ist bis heute nichts geworden. Sieben Jahre sind vergangen, mindestens so viele Nutzungskonzepte wurden diskutiert und wieder verworfen.
Ankermieter kamen und gingen
Von bis zu 150 hochwertigen Loft-Apartments sprach Norbert Hermanns 2017, seinerzeit Vorstand der Landmarken AG. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss sollten weiterhin dem Einzelhandel zur Verfügung stehen.
In enger Abstimmung mit der Stadt und gemeinsam mit dem Architekturbüro kadawittfeld entstand früh ein neuer Entwurf für das Gebäude – mit neuer, moderner Fassade und zentralem Lichthof.
Entwurf für den Umbau des Horten-Hauses (Quelle: kadawittfeldarchitekten)
Verschiedene Ankermieter wurden über die Jahre genannt, darunter das Modehaus Sinn und der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, der Räume für die RWTH anmieten wollte.
Als Kundenmagnet träumten in der Vergangenheit viele von einem „Food Market“, einer offenen Markthalle nach dem Vorbild anderer Großstädte. Auch von einem Hotel wurde zwischenzeitlich gesprochen.
Ins Stocken geriet die Planung immer wieder – nicht nur aufgrund der Absagen potentieller Ankermieter, sondern auch durch den schwierigen Verlauf der Planungen im direkten Umfeld des Horten-Hauses. Beispiele sind Aachens Rotlichtbezirk in der Antoniusstraße und der Abriss des Parkhauses am Büchel.
Ein gemeinsamer, attraktiver Lernort
Einen weiteren Anlauf unternahm die Landmarken AG 2022: 4600 Quadratmeter wollte das Unternehmen selbst beziehen, 1800 Quadratmeter wurden für die AOK reserviert, im Erdgeschoss sollte Platz für Gastronomie und einen Nahversorger bleiben.
Spätestens jetzt tauchte in den Überlegungen auch das „Haus der Neugier“ auf – die Idee, VHS und Stadtbibliothek unter einem Dach zu vereinen. Ein gemeinsamer, attraktiver Lernort – das fand viel Unterstützung in beiden städtischen Einrichtungen, in der Verwaltung, in der Politik.
Doch auch dieser Prozess geriet schnell ins Straucheln, als deutlich wurde, wie teuer ein Haus der Neugier im ehemaligen Kaufhaus die Stadtkasse zu stehen kommen würde – sowohl im Falle einer Anmietung der Flächen, als auch im Falle eines Kauf des Gebäudes.
Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie ließ die Stadtverwaltung das Vorhaben und mögliche Alternativen prüfen. Übrig blieb neben dem Horten-Haus das sanierungsbedürftige Bushof-Gebäude, das derzeit zur Hälfte der Stadt gehört und zur Hälfte dem Aachener Investor Gerd Sauren.
Finanzielle Überlegungen waren es, die dazu führten, dass die Verwaltung sich im vergangenen November für die Option Bushof-Gebäude aussprach. Eine entsprechende Vorlage wurde jedoch noch vor den politischen Beratungen wieder zurückgezogen. Nachdem sich die Fraktionen der Opposition bereits dafür stark gemacht hatten, die Option Horten-Haus nicht vom Tisch zu nehmen, bekannten sich auch die Mehrheitsfraktionen zu dieser Lösung als ihrem Favoriten.
„Zwei Fliegen mit einer Klappe“
Womit wir wieder beim ersten Satz dieses Beitrags angelangt wären. So einfach und schnörkellos der Auftrag an die Verwaltung klingt, den Finanzbedarf für die Option Horten-Haus zusammenzustellen – dahinter stecken intensive Gespräche und Beratungen in den vergangenen Wochen, wie Carsten Schaadt, Fraktionssprecher der Grünen im Stadtrat, berichtet. „Das ist eine mutige Entscheidung, die wir da getroffen haben.”
Man wolle zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Plan sieht vor, das Haus der Neugier im ehemaligen Horten-Haus zu realisieren – und im Gegenzug den städtischen Teil des Bushof-Gebäudes zu verkaufen. Derzeit würden vertiefende Gespräche zwischen Politik, Verwaltung und Landmarken AG geführt, so Schaadt. Die Verwaltung stelle zudem die nötige Organisation des Projektes auf, das im Falle der Umsetzung mit bisher veranschlagten 112 Millionen Euro immerhin das teuerste Investitionsprojekt der Stadtgeschichte werden dürfte.
Die finanziellen Rahmenbedingungen rund um Horten-Haus und Bushof wolle man noch im ersten Halbjahr 2024 klären, sagt Carsten Schaadt. Etwas mehr Zeit müsse für den inhaltlichen Teil eingeplant werden: „Klar ist, dass VHS und Bibliothek dort unterkommen sollen. Aber was kommt ansonsten infrage? Was kann ein Frequenzbringer sein?” Diese Fragen seien in Ruhe und mit allen Akteuren zu klären.
LustAufLife: Ideen zur Zwischennutzung
So sieht es derzeit im Erdgeschoss des ehemaligen „Lust for life“ aus. Wenn es nach Georg Helmes geht, kehrt aber schon im April das bunte Leben hier ein. (Bild: Georg Helmes)
Seit sieben Jahren steht das Horten-Haus jetzt leer. Weitere Jahre werden hinzukommen, auch wenn das Haus der Neugier realisiert und nicht wie bisherige Pläne wieder verworfen wird.
Einer will aber nicht so lange warten, bis wieder Leben ins ehemalige Kaufhaus zurückkehrt: Unter dem Motto „LustAufLife” hat Georg Helmes ein Konzept zur Zwischennutzung der Flächen im Erdgeschoss vorgelegt und sammelt dafür derzeit Geld und Unterstützung.
Der „ehrenamtliche Stadtmacher“ will Vereinen und Initiativen einen Raum für Indoor-Sport, kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen zur Verfügung stellen. Unterstützung kommt von der Verwaltung und von der Landmarken AG. „Wir stellen jetzt den Bauantrag und wollen ab der zweiten Märzwoche umbauen“, sagt Georg Helmes. „Schon im April kann es dann losgehen.“
Weitere Infos gibt es auf der Website zum Projekt. Außerdem läuft derzeit ein Crowdfunding, bei dem die Aachener Bank alle Spenden verdoppelt.
Vielleicht kann das temporäre, „kleine“ Vorhaben ja als Vorbild für die folgenden „großen“ Pläne dienen – damit dieser zentrale Ort in der Innenstadt erfolgreich wiederbelebt wird.