„Gesunde Ökosysteme sind unser aller Lebensgrundlage“

Published On: 21. Oktober 2024

Die Wissenschaftsnacht der RWTH findet am 8. November zum 20. Mal statt. Mit dabei: die Biologin Martina Roß-Nickoll. Sie nimmt die Besucher*innen mit auf eine spannende Reise in das Ökosystem Wiese.

Ein Beitrag der RWTH Aachen

Die RWTH-Wissenschaftsnacht ist zu einem der größten Events in Aachen und der Region mit jährlich mehreren tausend Besucherinnen und Besuchern geworden. Am Freitag, 8. November, lädt die Aachener Universität bereits zum 20. Mal zur RWTH-Wissenschaftsnacht „5 vor 12“ ein.

Professorin Martina Roß-Nickoll vom Institut für Umweltforschung ist auch in diesem Jahr dabei, diesmal mit einem Vortrag über das oft unterschätzte Ökosystem Wiese und seine Bedeutung für Artenvielfalt und Klimaschutz, auch in der Stadt. Im Interview erläutert die Biologin, welche Rolle Wiesen dabei spielen und warum es wichtig ist, Forschung öffentlich zu zeigen.

 

Frau Professorin Roß-Nickoll, Sie halten auf der Wissenschaftsnacht einen Vortrag zu Wiesen und ihrer Bedeutung für Artenvielfalt und Klimaschutz. Welche Funktionen erfüllen Wiesen in diesem Zusammenhang?

Roß-Nickoll: Wiesen als Ökosysteme sind vielfältige Lebensräume, die hohe Biodiversität ermöglichen. Leider geht diese Vielfalt durch Überdüngung und Übernutzung oft verloren. In städtischen Gebieten finden wir häufig artenarme Zierrasen. Unser Projekt FLIP zielt darauf ab, intensiv genutzte Rasenflächen im innerstädtischen Bereich, Feldraine und intensiv genutzte Grünland-Flächen ökologisch aufzuwerten und zu pflegen, um dauerhaft artenreiche Wiesen zu etablieren. Denn eine naturnahe, richtig gepflegte Wiese bietet eine enorme Artenvielfalt, und die wollen wir fördern.

Allein eine einzelne Pflanze auf einer Wiese bietet Lebensraum für durchschnittlich acht bis zehn Insektenarten. Uns Forschenden geht es also nicht um bunte Wiesen, sondern um ein funktionierendes Ökosystem und die Förderung der Insektenvielfalt. Wiesen besitzen zudem eine wichtige CO2-Fixierungs- und eine Wasserrückhaltefunktion. Sie sind damit wichtige Treiber einer klimaresilienten Stadtentwicklung.

Sie sprachen von einer „richtig gepflegten Wiese“. Es braucht also den menschlichen Eingriff, damit naturnahe Wiesen bestehen bleiben?

Roß-Nickoll: Genau. Ohne regelmäßiges Mähen ein- bis zweimal im Jahr oder extensive Beweidung durch beispielsweise Schafe würden sich Pioniergehölze und Sträucher ausbreiten. Es gibt bei uns kein Offenland ohne gelenkte Pflege. Wiesen können sehr alt werden, 100 Jahre sind bei stabilen Verhältnissen durchaus realistisch.

Im Projekt FLIP haben wir bereits über 16 Hektar Wiesenflächen in der Region renaturiert und neu angelegt. Dabei ist es auch wichtig, diese Flächen zu monitoren und zu schauen, wie sie sich entwickeln. Eine sehr schön entwickelte Fläche mit mittlerweile guter Biodiversität ist zum Beispiel die Wiese auf dem Parkhaus des Eurogress an der Monheimsallee.

Warum ist die Teilnahme an der Wissenschaftsnacht für Sie wichtig?

Roß-Nickoll: Ich halte es für unbedingt erforderlich, ökologische Zusammenhänge verständlich und öffentlichkeitswirksam zu vermitteln, da gesunde Ökosysteme unser aller Lebensgrundlage sind. Ein wesentlicher Teil unserer Projektarbeit liegt darin, Akzeptanzforschung zu betreiben und Bildungs- bzw. Öffentlichkeitsarbeit zu machen.

Spinnen und Insekten findet nicht jeder so nützlich und niedlich wie eine Honigbiene oder einen Marienkäfer. Aber eine hohe Artenvielfalt ist wichtig für ein gesundes Ökosystem. Und nur was verstanden wird, wird auch akzeptiert. Deshalb ist Aufklärung ein elementarer Teil unserer Arbeit. Die Wissenschaftsnacht bietet eine wunderbare Möglichkeit, die Menschen direkt zu erreichen und in den Dialog zu kommen. Mit FLIP gehen wir außerdem direkt in die Arbeit mit Schulen oder Kitas und bieten beispielsweise Lehrmaterialien und Exkursionen an.

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher in Ihrem Vortrag?

Roß-Nickoll: Der Vortrag im Rahmen der Wissenschaftsnacht am 8. November wird einen spannenden Einblick in die Bedeutung der Biodiversität in der Stadt geben. Das Projekt FLIP wird dabei einen großen Raum einnehmen, um aufzuzeigen, warum Biodiversität überhaupt wichtig ist und wie artenreich Wiesen sind, wenn sie denn naturnah und nicht durch den Menschen übernutzt sind.

Weitere Infos und das Programm gibt es auf der Webseite der Wissenschaftsnacht.

 

Bild: RWTH Aachen / Peter Winandy